Ein Leitfaden des Ken Zen Kan Heidelberg für das Verhalten im Dojo
Reiho beginnt mit dem Betreten der Halle (= des Dojo), was mit einer Verbeugung beginnt (ebenso beim Verlassen der Halle). Mit der Verbeugung zeige ich Respekt und die Bereitschaft mich den Regeln im Dojo zu unterwerfen. Vor dem Betreten zieht man sich nach japanischer Tradition die Schuhe aus.
Vor dem Training ist die Rüstung vorbereitet und das Shinai geprüft worden und ich erscheine pünktlich zum Training. Es lässt sich manchmal nicht vermeiden, dass man etwas zu spät kommt, da wir alle noch andere Aufgaben haben, aber:
- es ist nicht verständlich, dass wenn man schon zu spät kommt, man erst noch Zeit damit verbringt, seine Rüstung zu ordnen;
- es ist eine Unsitte, dass immer wieder Leute mit ihrer Rüstung beschäftigt sind, während die anderen schon trainieren;
- wenn ich schon zu spät bin beeile ich mich, um zumindest noch rechtzeitig am Training teilzunehmen.
Beim Angrüßen liegen alle Men in einer Reihe, ebenso die Shinais. In Sporthallen gibt es meist Linien auf dem Boden, was diese Aufgabe erleichtert. Das Ablegen der Shinais im Seiza erfolgt leise!
Wenn die sensei sich setzen, sollen alle anderen auch so schnell wie möglich sitzen. Es ist unhöflich, wenn die sensei zu den Schüler*innen aufschauen müssen. Die Schülerreihe stellt sich immer symetrisch gegenüber den sensei auf (wichtig bei Lehrgängen oder wenn auswärtige Trainer*innen bei uns zu Gast sind).
Bei Trainingsbeginn geben die sensei die Anweisung, was geübt wird. Es ist nicht Aufgabe der sensei so laut zu schreien, dass sie auch bei den letzten Kendoka unter dem Men verstanden werden! Vielmehr richten die Schüler die Aufmerksamkeit den sensei zu und sorgen eigenständig dafür, dass sie etwas verstehen. Man darf sich durchaus auch auf die sensei zu bewegen!
Ich habe Fälle gesehen bei denen Schüler*innen den Kopf verdreht haben und die Hand ans Men gelegt haben, dort wo sich das Ohr befindet. Diese Aufforderung an die sensei lauter zu reden, käme in Japan einer Beleidigung gleich!
Wenn die sensei Erklärungen geben, wendet man sich ihnen zu und hält das Shinai ruhig an der Seite. Diese Zeit für Unterhaltungen oder Lockerungsübungen zu nutzen, zeigt eine große Respektlosigkeit! Ebenso verwendet man das Shinai nicht als Turnstange oder Stützstock! Das Shinai symbolisiert ein Schwert und ist als solches zu behandeln. Man stellt es z.B. nicht mit der Spitze auf den Boden oder zeigt damit auf Leute.
Im Gegensatz zu sehr konservativen Vereinen wird bei uns in Heidelberg viel erklärt. Dies soll aber nicht zu offenen Diskussionen während des Trainings führen!
Auch wenn man die Anweisungen der Trainer*in nicht 100 % verstanden hat, ist es besser erstmal anzufangen oder bei den Kamerad*innen zu schauen, was zu machen ist. Mehrfaches Nachfragen, bis auch der Letzte begriffen hat, das jetzt 5 große Men zu schlagen sind, gilt als unhöflich und strapaziert die Geduld der sensei.
Kyuträger*innen sollten sich generell mit Erklärungen während des Trainings zurückhalten. Auch wenn man als 3. Kyu erkennt, dass ein Neuling in der Rüstung den rechten Arm beim Men nicht richtig streckt, sollte man Korrekturen den Dan Trägern*innen überlassen. Auch diese sollten dies – wenn überhaupt – kurz und knapp halten und die Erläuterungen nicht über das Ende der Übung hinausdehnen.
Grundsätzlich sollte man man von den Schüler*innen beim Training nur den Kiai hören!
Partnerübungen:
Beim Kommando „Partnerweise aufstellen“, ist es nicht Aufgabe der sensei, die Paare aufzustellen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir haben eine gerade Anzahl Trainingsteilnehmer*innen, dann geht es auf, oder nicht, dann setzt jemand aus. Die sensei mit der Aussage: “Ich habe keine*n Partner*in“ zu behelligen ist daher nicht nur überflüssig, sondern auch unhöflich.
Generell geht alles, was nicht direkte Kendoübungen sind, schnell! Das gilt für den Partnerwechsel oder Einnahme der Position des Moto-Dachi bei Kiri-Kaeshi. Es unhöflich und unkameradschaftlich, andere warten zu lassen. Demnach, wenn ich beim Partnerwechsel die ganze Halle zu durchqueren habe, mache ich das schnell und leise und nicht mit einer unübertroffenen Lässigkeit, um den anderen eine Pause zu verschaffen. Der Wechsel geht immer außen um die übende Gruppe herum und nicht mitten durch, es sei denn, die sensei erlauben es. Reiho bedeutet auch, als Moto-Dachi sofort wieder bereit zu sein wenn ein Shi-Dachi (Übende) sich umdreht. Es darf nicht sein, dass man sich als Shi-Dachi umdreht und erstmal den Moto-Dachi suchen muss, um dann womöglich noch hinrennen zu müssen! Als Moto-Dachi hat man nicht „Pause“, sondern die Aufgabe, eine*n Shi-Dachi aktiv in seinen Übungen zu unterstützen.
Wenn es heißt „Freie Partnerwahl“ oder „Freies Keiko“, suchen sich die Schüler*innen eine*n Danträger*in. Wenn diese unter sich trainieren wollen, sagen sie es schon. Dies ist wichtig bei Lehrgängen oder wenn auswärtige Trainer*innen zu Besuch sind. Ich habe es erlebt, das sich bei 6. und 7. Danträger*innen keine Schüler*innen angestellt haben, weil sie Angst hatten! So verständlich das sein mag, stellt es doch eine große Unhöflichkeit dar. Also übt das im Training! Ein kleine Verbeugung ist ausreichend, um den sensei Trainingsbereitschaft zu zeigen. Wenn sie diese erwideren, geht es los. Keine großen Diskussionen, wer, wann, mit wem und die sensei dabei warten lassen!
Auch wenn wir es im Training manchmal etwas lockerer handhaben, sollte man sich dem Reiho bewusst sein und speziell bei Lehrgängen darauf achten. Die Kendowelt ist klein und Fehlverhalten fällt immer auf den Verein und damit auf die eigenen sensei zurück.
Hermann Müller
3. Dan Kendo